Sandra Gusner erzählt
20 Personen gleichzeitig in einem Chat bedeutet gleichzeitig 20 Kameras aktiviert, 20 Mikrofone auf laut sowie eine Menge Nebengeräusche – welche in einem Videochat in dieser Dimension zu unerwünschten Echos und Störungen werden können. Die neue Situation, alle Kolleginnen und Kollegen via live Übertragung aus den eigenen vier Wänden zu sehen, war bei den ersten Testversuchen im Teamchat – soweit jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer den richtigen Link betätigt hat – aufregend und lustig, jedoch spätestens nach der ersten Woche nervenaufreibend. Darum sollten auch Online-Meetings einer (internen) Knigge unterliegen.
Da sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Videochats räumlich distanziert vorfinden, ist es sehr wichtig, den Termin im Kalender einzutragen und sich eine (soweit möglich) störfreie Zeit einzuräumen. Auch auf die Frequenz der Meetings sollte man sich im Vorfeld einigen, vor allem bei größeren Teams. Für die Einen ist es gut, sich mehrmals täglich im Video Chat auszutauschen, für die Anderen ist es wieder ein Termin mehr, für den sie ihre Ressourcen einteilen müssen.
Bei Lindlpower haben wir uns nun soweit geeinigt einmal täglich am Beginn des Arbeitstages einen Videochat mit dem gesamten Team (Wien und Linz) abzuhalten. So starten wir mehr oder weniger den Tag gemeinsam und halten uns mit den Neuigkeiten regelmäßig up to date. Wichtige Informationen werden zu Beginn bekanntgeben, verschriftlicht und im Nachhinein an das gesamte Team per Mail verteilt. Ganz nach dem Motto: „Wer schreibt, der bleibt“.
Da Zeiten wie diese und auch generell die Umstellung auf Home-Office viele neue Herausforderungen mit sich bringt, haben wir uns auf einen freien aber terminlich fixierten Termin am Nachmittag geeinigt, dem wir Themen widmen, die uns fordern und beschäftigen. Im agilen Sinne schaffen wir somit Platz für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich beteiligen, sowie für Themen, die kommen. Wenn es keine brennenden Themen gibt, darf auch mal gerne, zum Beitrag der allgemeinen Stimmung und als Ersatz der Kaffeepause, herumgealbert werden.
In einem Chat mit mehreren Personen zeigen sich auch unterschiedliche Charaktere. Einigen fällt es leicht sich zu Wort zu melden und einen Beitrag abzugeben, andere nehmen sich mehr zurück. Besonders hier ist es wichtig, das Gemeinschaftsgefühl mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu verstärken. Bei funktionierender Kamera ist ein live Bild mitsamt Mimik und Gestik, aussagekräftiger als ein geschriebener Absatz im parallel gehaltenen Chatroom. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, wird auch mit der Zeit die Scheu vor der Kamera sowie die Unsicherheit „On Air“ abgelegt.
Wenn das Gespräch mit allen aktivierten Kameras und Mikrofonen dann Fahrt aufgenommen hat, ist es sinnvoll, dass alle Beteiligten das Mikrofon nur dann anstellen, wenn aktiv gesprochen wird. So vermeidet man störende Hintergrundgeräusche und schafft eine angenehme Zuhörer-Atmosphäre. Aufgrund der räumlichen Distanz ist es nicht möglich, per Körpersprache wahrzunehmen, wenn jemand zum Sprechen ansetzt. Das hat zur Folge, dass vermehrt unterbrochen wird. Durch Handzeichen per Video, Ankündigung im Chat oder einer Applikation („Anna möchte etwas sagen“) kann dies vermieden und höflich umgangen werden.
Bei einem provisorisch eingerichteten Büro im eigenen Reich, darf auch mal das geliebte Haustier einen Platz am Bildschirm einnehmen oder gleich ein Kind dem Elternteil die Schau stehlen. Jedoch sollte man sensibel darauf sein, welchen Stellenwert das aktuell behandelte Thema im Videochat einnimmt und wie von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern reagiert wird.
Im Großen und Ganzen ist es für viele eine ungewohnte Situation, an welcher wir wachsen werden. Und da wir alle Menschen sind, freuen wir uns umso mehr, wenn man Familie, Haustiere und Wohnraum der Kolleginnen und Kollegen hin und wieder zu Augen und Ohren bekommt.